Prozessvalidierung: ein Leitfaden für Pharma-Unternehmen

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Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Prozessvalidierung ist ein ganzheitlicher Lebenszyklus – von Design über Qualifizierung bis zur dauerhaften Überwachung.
  • FDA-Guidance, EU-GMP Annex 15 und ISO 13485 definieren den verbindlichen Rechtsrahmen für alle Validierungsschritte.
  • Gründliche Risikoanalyse, klare Akzeptanzkriterien und ein strenges Change-Control-System verhindern typische Fehler und sichern Audit-Compliance.

Was versteht man unter Prozessvalidierung?

Eine Prozessvalidierung erbringt den Nachweis, dass ein Prozess alle Ergebnisanforderungen erfüllt. Im Pharma-Bereich muss der Herstellungsprozess reproduzierbar und qualitätskonform sein. Die Dokumentation und Datensammlung begleiten den Prozess vom Design bis zur laufenden Produktionsüberwachung.

Welche Regularien bestimmen die Prozessvalidierung?

Die Anforderungen an die Prozessvalidierung werden durch folgende regulatorische Dokumente festgelegt:

FDA

Die US-amerikanische Behörde FDA definiert verbindliche Anforderungen für Arzneimittel- und Medizinproduktehersteller. Die wichtigsten FDA-Regularien für Prozessvalidierung sind unter anderem:

  • 21 CFR Part 211 (GMP für Arzneimittel)
  • FDA Guidance „Process Validation“ (2011, Empfehlungen zur Validierung)
  • 21 CFR Part 820 (Qualitätsmanagement für Medizinprodukte)

EU-GMP

In Europa gelten die GMP-Richtlinien als zentrale Vorgabe für validierte Prozesse in der Pharmaindustrie. Die wichtigsten Regularien sind dabei:

  • Annex 15 (Prozessvalidierung)
  • Kapitel 1 (Qualitätssysteme)
  • ICH-Richtlinien Q8, Q9 und Q10 (internationale Harmonisierung)

ISO 13485

Die ISO 13485 ist die zentrale Norm für Medizinproduktehersteller und beschreibt Anforderungen für validierte Produktionsprozesse. Diese Anforderungen werden hier näher bestimmt:

  • ISO 13485:2016 (Basisnorm für Qualitätsmanagement von Medizinprodukten)
  • Abschnitt 7.5.6 (Validierung von Produktionsprozessen)
  • Abschnitt 4.1 (Prozesssteuerung und Risikomanagement)

 

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Der Prozessvalidierungs-Lebenszyklus

Der moderne Ansatz der Prozessvalidierung folgt einem Lebenszyklus. Das bedeutet, dass die Validierung von Prozessen nicht linear, sondern zyklisch. Die Validierung ist somit ein sich wiederholender Kreislauf, der von der Konzeption bis zur fortlaufenden Prozessvalidierung reicht:

Phase 1: Prozessdesign

Den Grundstein legt das Prozessdesign, in dem der Prozess bereits tiefreichend definiert und analysiert wird:

Prozessentwicklung

  • Identifikation kritischer Prozessparameter (CPPs)
  • Festlegung kritischer Qualitätsattribute (CQAs)
  • Ermittlung funktionaler Zusammenhänge

Risikobewertung

  • Systematische Analyse potenzieller Fehlerquellen
  • Priorisierung von Kontrollmaßnahmen
  • Festlegung risikominimierender Maßnahmen

Definition der Akzeptanzkriterien

  • Festlegung messbarer Zielgrößen
  • Bestimmung von Toleranzgrenzen
  • Definition von Stichprobenumfang und Probeentnahmestrategie

Phase 2: Prozessqualifizierung

Die Prozessqualifizierung prüft, ob der im Design entwickelte Herstellungsprozess zuverlässig funktioniert:

Qualifizierung der Ausrüstung und Hilfssysteme

  • Design Qualification (DQ)
  • Installation Qualification (IQ)
  • Operational Qualification (OQ)
  • Performance Qualification (PQ)

Prozessvalidierung (PV)

  • Durchführung von Validierungschargen
  • Dokumentation aller relevanten Parameter
  • Statistische Auswertung der Ergebnisse

Phase 3: Fortlaufende Prozessvalidierung

Die fortlaufende Prozessvalidierung stellt sicher, dass der Prozess über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg in einem kontrollierten Zustand bleibt:

Kontinuierliche Prozessüberwachung

  • Implementierung von Monitoring-Systemen
  • Regelmäßige Trend- und Musteranalyse
  • Anwendung statistischer Prozesskontrolle (SPC)

Prozessoptimierung

  • Systematische Auswertung von Abweichungen
  • Implementierung von Verbesserungsmaßnahmen
  • Fortlaufende Erweiterung des Prozesswissens

Änderungsmanagement

  • Robustes Change-Control-System
  • Auswirkungsanalyse bei Prozessänderungen
  • Zielgerichtete Revalidierung nach Bedarf

Praktische Umsetzung der Prozessvalidierung

Die erfolgreiche Prozessvalidierung folgt einem strukturierten Weg mit sechs entscheidenden Schritten, die präzise Planung mit wissenschaftlicher Methodik verbinden:

5 häufige Fehler bei der Prozessvalidierung

 

 

 

Häufiger Fehler Lösungsansatz
Unklare Akzeptanzkriterien Akzeptanzkriterien statistisch begründen, klar definieren und von QA genehmigen lassen. Kriterien müssen präzise, messbar und wissenschaftlich fundiert sein.
Unzureichende Worst-Case-Betrachtung Parameter systematisch innerhalb zulässiger Bereiche variieren. Kritische Kombinationen und Extremwerte (Temperatur, Zeit, Konzentration) gezielt testen.
Zu wenige Validierungsläufe Stichprobenumfang risikoorientiert festlegen. Falls nötig: zusätzliche Läufe oder Studien (z. B. Challenge-Tests, mikrobiologische Belastungstests) durchführen.
Mangelhaft qualifizierte Ressourcen Anlagen qualifizieren (IQ/OQ), Personal schulen und Hilfsstoffe freigeben, bevor die Validierung startet.
Dokumentationslücken Protokollführer benennen standardisierte Templates nutzen, Rohdaten sofort prüfen und vollständig archivieren.

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Revalidierung: Wann ist sie nötig und wie erfolgt sie?

Eine Revalidierung ist fällig, sobald sich Anlage, Software, Prozessparameter, Rezeptur oder Rohstoffe ändern. Sie wird auch nach längerem Stillstand, bei auffälligen Abweichungstrends oder turnusmäßig verlangt. Laut EU-GMP Annex 15 beläuft der Turnus auf alle 3 bis 5 Jahre. Eine Risikoanalyse entscheidet, welche Teile von IQ, OQ und PQ zu wiederholen sind und welche Dokumente zu überarbeiten sind. Das Vorgehen folgt dem Change-Control-Ablauf: Antrag, Risikoanalyse, Plan, Prüfungen, Bericht und Freigabe. Damit erfüllt das Unternehmen die Vorgaben der FDA-Guidance „Process Validation“ (Stage 3), des EU-GMP Annex 15 und der ISO 13485 Abschnitt 7.5.6.

Checkliste: GMP-konforme Prozessvalidierung

Validierungsstrategie

□ Validierungsmasterplan (VMP) ist aktuell und genehmigt

□ Rollen und Verantwortlichkeiten sind klar definiert

□ Risikomanagementansatz ist dokumentiert

Protokolle und Dokumentation

□ Validierungsprotokolle enthalten klare Akzeptanzkriterien

□ Stichprobenpläne sind statistisch fundiert

□ Änderungen an Protokollen werden formal genehmigt

Durchführung

□ Validierungstests werden von qualifiziertem Personal durchgeführt

□ Abweichungen werden dokumentiert und bewertet

□ Rohdaten werden gemäß ALCOA+-Prinzipien erfasst

Datenanalyse

□ Statistische Methoden werden angemessen angewendet

□ Schlussfolgerungen sind durch Daten gestützt

□ Prozessfähigkeit wird bewertet (Cp, Cpk)

Validierungsbericht

□ Bericht fasst alle Ergebnisse zusammen

□ Abweichungen werden mit Auswirkungsanalyse dokumentiert

□ Formale Freigabe durch autorisiertes Personal

Kontinuierliche Überwachung

□ Prozessüberwachungssystem ist implementiert

□ Periodische Überprüfungen werden durchgeführt

□ Revalidierungskriterien sind definiert

Änderungsmanagement

□ Change-Control-System für validierte Prozesse existiert

□ Änderungsbewertungsprozess ist definiert

□ Auswirkungsanalysen werden durchgeführt

Fazit: Prozessvalidierung ist essenziell im Pharma-Bereich

Eine sauber geplante und konsequent durchgeführte Prozessvalidierung sichert Produktqualität, Patientensicherheit und regulatorische Konformität. Sie folgt dem Lebenszyklus-Prinzip, das Design, Qualifizierung und kontinuierliche Überwachung verbindet. Klare Rollen, verlässliche Daten und ein robustes Change-Control-System halten Risiken und Kosten unter Kontrolle. Wer die Vorgaben von FDA und EU-GMP konsequent erfüllt, besteht Audits souverän. So gewinnen Pharmaunternehmen dauerhaft das Vertrauen von Behörden und Kunden.

Das sollten Sie unbedingt mitnehmen

  • Prozessvalidierung folgt einem durchgängigen Lebenszyklus – von der Entwicklung über die Qualifizierung bis zur kontinuierlichen Überwachung.
  • FDA-Guidance, EU-GMP Annex 15 und ISO 13485 setzen die verbindlichen Standards für die Gestaltung und Durchführung aller Validierungsprozesse.
  • Eine fundierte Risikoanalyse bestimmt Tiefe und Umfang jeder (Re-)Validierung.
  • Hauptfehler sind unklare Akzeptanzkriterien, fehlende Worst-Case-Tests und lückenhafte Dokumentation.
  • Revalidierung im Turnus von 3–5 Jahren und ein strenges Change-Control sichern dauerhafte Compliance.

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Verwendete Quellen

European Commission. (2015). EudraLex – Volume 4, Annex 15: Qualifizierung und Validierung. URL: https://health.ec.europa.eu/document/download/7c6c5b3c-4902-46ea-b7ab-7608682fb68d_en?filename=2015-10_annex15.pdf (zuletzt abgerufen April 2025).

U.S. Food and Drug Administration (FDA). (2011). Process Validation: General Principles and Practices. URL: https://www.fda.gov/media/71021/download (zuletzt abgerufen April 2025).

U.S. Food and Drug Administration (FDA). (2024). 21 CFR Part 820 – Quality System Regulation; insbesondere § 820.75 „Process Validation“. URL: https://www.ecfr.gov/current/title-21/chapter-I/subchapter-H/part-820#820.75 (zuletzt abgerufen April 2025).

International Organization for Standardization (ISO). (2016). ISO 13485:2016 Medical devices — Quality management systems — Requirements for regulatory purposes. URL: https://www.iso.org/standard/59752.html (zuletzt abgerufen April 2025).

European Medicines Agency (EMA). (2016). Guideline on Process Validation for Finished Products – Information and Data to be Provided in Regulatory Submissions. URL: https://www.ema.europa.eu/en/documents/scientific-guideline/guideline-process-validation-finished-products-information-data-be-provided-regulatory-submissions_en.pdf (zuletzt abgerufen April 2025).

Global Harmonization Task Force (GHTF). (2004). Quality Management Systems – Process Validation Guidance (SG3/N99-10:2004). URL: https://www.imdrf.org/sites/default/files/docs/ghtf/final/sg3/technical-docs/ghtf-sg3-n99-10-2004-qms-process-guidance-04010.pdf (zuletzt abgerufen April 2025).